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Die Pulverfabrik

Die Größe des umzäunten Sperrgebietes mit der ehemaligen Pulverfabrik “Eibia GmbH Anlage Karl” in der Eickhofer Heide ist wahrhaft atemberaubend. Sie beträgt etwa 12 Quadratkilometer. Die “Anlage Karl” ist perfekt getarnt und gleicht einer unsichtbaren geheimen Stadt. Auch auf Satellitenfotos und Luftaufnahmen ist nur wenig zu sehen. Die Anlange bestand vor 1945 aus über 300 getarnten Gebäuden, davon 21 unterirdischen Bauten. Aus Sicherheitsgründen lagen die Gebäude weit auseinandergezogen über das Gelände verteilt. Für eine unabhängige Energieversorgung sorgten zwei Kohle-Kraftwerke auf dem Gelände sowie ein Diesel-Reservekraftwerk. Zu den Kraftwerken gehörte ein gigantischer Kohlebunker mit einer Kapazität von 30.000 t und einem Laufkran. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Kohlekraftwerke auf Gas umgestellt. Die riesigen, zur Produktion erforderlichen Wassermengen wurden mit Pumpwerken aus etwa 70 Brunnen gefördert. Unter Vollast soll der Wasserverbrauch den der Großstadt Bremen übertroffen haben.

 

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Die Fotos entstanden 2007 und 2008

Das Straßennetz auf dem Eibia-Gelände hatte eine Gesamtlänge von 84 km, das Eisenbahn-Netz über 30 km, wenn man das gesamte Anschlußgleis außerhalb des Sperrgebietes und den Hafenanschluß in Liebenau hinzurechnet, sogar über 40 km. Das Gleisnetz war über den Bahnhof Liebenau an die Strecke Nienburg-Uchte-Rahden angeschlossen. Der Weserhafen in Liebenau wurde eigens für die Eibia gebaut. Hier konnten Massengüter (die Kohle für die werkseigenen Kraftwerke) direkt vom Binnenschiff auf die Eisenbahn verladen werden. Außer über den Gleisanschluß des Bahnhofs Liebenau konnte die Pulverfabrik vom Hafen über eine Abzweigung von der Anschlußstrecke der Eibia auch direkt angefahren werden. Dadurch brauchten die Kohlezüge nicht auf dem Bahnhof wenden. Die Eibia Liebenau verfügte über 6 Werkslokomotiven (2 Dampfloks, 2 Dieselloks und 2 Dampfspeicherloks).

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde über das Gleisnetz auch das Bundeswehr-Depot im Nordwesten des Areals, sowie das Lkw- und Panzerreparaturwerk der Britischen Armee am “Pinewood Camp” angefahren.

 

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Südliche Einfahrt in das Eibia-Gelände bei Steyerberg. An dieser Einfahrt ist die bedrückende, an die Zeit vor 1945 und den Kalten Krieg nach 1945 erinnernde Atmosphäre besonders ausgeprägt. Die Straße quert das Eibia-Gelände von Süden nach Norden bis zum Lager Mainsche. Sie ist rund 3 km lang. Die vor dem Tor nach rechts abzweigende Straße führt zum in den 70er Jahren erbauten  Chemiewerk der Degussa-Hüls AG  (Foto aus den 90er Jahren).

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Eisenbahnbrücke des Anschlußgleises an die Eibia über die Aue, erbaut 1939

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Eisenbahneinfahrt in das Eibia-Gelände. Das Tor war video-überwacht.

Die “Eibia GmbH Anlage Karl” wurde im Zweiten Weltkrieg nicht bombardiert und fiel den britischen Truppen am 10.April 1945 völlig unversehrt in die Hände. Die Abschirmung der Anlage aufgrund der militärischen Nutzung nach dem Krieg, sowie auch die Verschwiegenheit der Bevölkerung haben bis in die 90er Jahre jede historische Aufarbeitung verhindert.

Da in Teilen der Anlage nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1993/94 weiter produziert wurde, kann man vermuten, daß die Bauten bis heute weitgehend gut erhalten sind. Allerdings sind sie in der Feuchtigkeit des Waldes dem Moder und dem Verfall preisgegeben und werden allmählich zu Ruinen. Das Gelände ist noch heute (2006), über 10 Jahre nach dem Abzug der letzten Munitionsfabrik und der Militärs, vollständig eingezäunt, hermetisch abgeriegelt und kann ungenehmigt nicht betreten werden. Das hat außer der Sicherheit den großen Vorteil, daß die Bauten vorerst vor Vandalismus, Metalldiebstahl und Graffiti-Schmierereien geschützt bleiben. 

 

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